
Durchbruch am Sarnersee
In der Vergangenheit wurde das Sarneraatal in Obwalden vermehrt Opfer von Unwetterereignissen. Zum Schutz vor weiteren Überschwemmungen baut die Marti Gruppe deshalb im Auftrag des Kantons Obwalden an einem Hochwasserentlastungsstollen. Nun ist mit dem Durchbruch der Tunnelbohrmaschine am Sarnersee der Vortrieb des 6.5 km langen Tunnels geschafft.
Der 15. März 2023, kurz nach neun Uhr. Die geladenen Gäste haben sich in der Zielröhre beim Einlaufbauwerk am Sarnersee versammelt. Dieser 90 m lange Stollen wurde im Sprengvortrieb ausgebrochen und befindet sich unterhalb vom Wasserspiegel, eine Spundwandkonstruktion dichtet das Bauwerk sicher ab. Wenige Minuten später beginnt die Tunnelbohrmaschine (TBM) rumpelnd zu fräsen. Nur noch ungefähr ein Meter Felsen trennt die Maschine von der Zielröhre. Knapp 20 Minuten später ist es geschafft, die Maschine durchbricht die Ortsbrust und der drehende Bohrkopf kommt anschliessend zum Stehen. Nur wenige Augenblicke später ist das Mannsloch im Bohrkopf geöffnet und der erste Mineur zwängt sich durch die enge Öffnung. In seinen Armen die Figur der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Tunnelbauer. Unter grossem Jubel übergibt er die Barbara traditionellerweise seinem wartenden Kollegen auf der anderen Seite. Nach und nach folgt die restliche Mannschaft mit strahlenden Gesichtern durch das Mannsloch zur wartenden Menge. Erleichterung und Stolz machen sich breit. Denn das Team hat mit der Tunnelbohrmaschine in den letzten 27 Monaten grossartiges geleistet. Und das wird heute gebührend gefeiert.
Der Sarneraa Hochwasserentlastungsstollen Ost
Dieser neue Hochwasserentlastungsstollen führt vom Sarnersee bis nach Alpnach, wo er unterhalb des Wichelsees endet. Rund 6.5 km ist der Stollen lang und wird zukünftig die Abflusskapazität des Sarnersees deutlich (um 100 m³/s) erhöhen und damit den Wasserabfluss durch den Fluss Sarneraa regulieren. Denn das Sarneraatal, im Kanton Obwalden zwischen Sarner- und Alpnachersee gelegen, wurde schon mehrmals von Unwetterereignissen heimgesucht. Beim grossen Alpenhochwasser 2005 überflutete hier die Sarneraa zum Beispiel grosse Landstriche wie auch das Dorf Sarnen.
Hier kann sich jeder auf jeden verlassen. Alle wollen diesen Tunnel bauen, alle haben das gleiche Ziel. Ein tolles Team!
Herausfordernder Vortrieb
Nach dem Bau der Startgrube in Alpnach, unterhalb der Stauanlage Wichelsee, hat Marti die Startröhre von rund 190 m im Sprengvortrieb erstellt. Anschliessend folgte die Montage der Tunnelbohrmaschine (TBM) im Herbst 2020 und im Januar 2021 hat die Mannschaft mit dem TBM-Vortrieb gestartet. Der Weg Richtung Sarnersee hielt einige unerwartete Herausforderungen auf Lager. Bereits auf den ersten Metern hat sich der Schrattenkalk über weite Wege deutlich härter herausgestellt als ursprünglich vorausgesetzt. Anstatt der erwarteten 90 bis 120 Megapascal (MPa) musste die TBM bis zu 270 MPa meistern. Dazu sind unzählige Bruchzonen gekommen, die vor allem den Rollenmeisseln am Bohrkopf stark zugesetzt haben. Ab Tunnelmeter 1 359 bis 2 012 sind die Mineure zusätzlich noch auf wasserführende Karstsysteme gestossen. Konstant über 400 Liter/Sekunde traten in den Tunnel ein. Bei starkem Regenfall sogar bis über 650 l/s. Das eintretende Bergwasser konnte über Pumpensümpfe in der Sauberwasserleitung abgeführt und beim Portal Alpnach wieder in die Sarneraa geleitet werden. Auch auf dem restlichen Weg haben die Mineure mit der schwierigen Geologie und dadurch wechselhaftem Gebirge gekämpft. Oftmals musste der Fels mit verstärkten Netzen, längeren Ankern und zusätzlichen Stahlbogen gesichert werden. Dadurch hat sich das Vortriebstempo der TBM zusätzlich verzögert. «Unsere Mannschaft macht hier einen richtig harten Job!», konstatiert deshalb Dominic Stadlin, Baustellenchef der ARGE HWS Marti. Umso wichtiger sei deshalb die Zusammenarbeit im langjährigen und eingespielten Team. Merci für euren Einsatz und weiterhin Glück auf!